In der Schule fing es an: Konkurrenz, Wettbewerb, Abschreiben verboten, Vorbereitung auf die Ellenbogengesellschaft. Ich wurde sozialisiert mit der Angst nicht zu den Besten zu gehören, keinen Arbeitsplatz zu bekommen und damit nichts aus meinem Leben machen zu können. Ob beim Sport, im Kunstunterricht oder Mathe. Die Gauß’sche Normalverteilung wurde angelegt und wehe ich war am hinteren Ende der Kurve.
Realschule, Gymnasium und dann Studium: Ich war jetzt Akademikerin. In meinem ersten Job war der gut, der die meisten Überstunden gemacht hat. Es ging weniger um Arbeitsergebnisse als um Anwesenheit.
Später gab es Budgets und Zielvereinbarungen für Abteilungen. Man wurde zu Konkurrenten im eigenen Unternehmen. Aber wir mussten ja besser, effizienter sein als die Konkurrenz draußen. Vertrauen war gut, aber Kontrolle war besser. Angst und Mangel, und damit Wettbewerb und Konkurrenz waren für mich eine Selbstverständlichkeit wie, dass die Erde rund ist. Und gleichzeitig wollte ich es nicht glauben. Das war ich nicht.
Ich bin nun seit über sechs Jahren selbständig und ich arbeite nicht im Angst- und Wettbewerbsmodus. Ich habe ein vertrauensvolles Verhältnis zu meinen Kolleg*innen und meinen Auftraggebern. Ich stelle viel ins Netz ein, damit es kostenfrei genutzt werden kann. Ich teile mein Wissen und profitiere von dem Wissen anderer. Ich bin beruflich sehr erfolgreich damit. Es ist genug für alle da.
Doch woher kommt diese Angst- und Mangelhaltung der anderen?
Zum einen kann man die Gründe in der Industrialisierung finden und in der dort herrschenden Arbeitsform, dem Taylorismus. Die Fließbandarbeit machte Effizienz erst möglich. Lineare Prozesse in Entscheidungen und in der Arbeit führten zu wirtschaftlichem Erfolg. Geistige Arbeit und körperliche Arbeit wurden getrennt, der einzelne Werkstätige bearbeitete einen kleinen Ausschnitt und hatte keinen Überblick über das fertige Produkt. Es gab wissende Führungskräfte und unwissende Arbeitende.
Zum anderen kam um 1860 Charles Darwin mit seiner Theorie der natürlichen Selektion zu Ruhm. Survival of the Fittest – Es überleben die am besten angepassten Individuen. Dieses Naturgesetz galt nun auch stärker in den Wirtschaft. Wir müssen besser sein als die anderen, höher, schneller, weiter war das Motto. Doch Spezialisierung ist nur eine Form der Problembewältigung in der Natur.
Gerald Hüther führt in seinem Buch „Etwas mehr Hirn, bitte „aus, dass Biologen uns gelehrt haben, dass Konkurrenz die Triebfeder der Evolution sei. „Inzwischen ist längst deutlich geworden, dass Konkurrenz nicht zur Weiterentwicklung, sondern lediglich zu fortschreitenden Spezialisierung von Lebewesen führt.“ Weiter führt er aus, dass es kaum möglich sein wird, eine Kultur des Miteinander und des gegenseitigen Respekts und der Vielfalt zu entwickeln, solange noch so viele Menschen davon überzeugt sind, dass es unseren natürlichen Anlagen entspricht, sich auf Kosten anderer durchzusetzen.
„Die Grundlage für die Herausbildung neuartiger Potentiale und damit die Weiterentwicklung sind aber Austausch …bzw. Durchmischung der von den Individuen einer Art gemachten Erfahrungen…“ so Hüther. Und genau das nutzen wir in der NETZWERK-ÖKONOMIE.
Zeitenwende: Auf dem Weg in die Wissensgesellschaft und Netzwerk-Ökomomie
Kurz ein paar Hintergründe: Es gab noch nie so viele Menschen wie jetzt auf diesem Planten. Es waren noch nie so viele Forscher und Entwickler auf diesem Planeten. Es gab noch nie einen so hohen Bildungsstand in der Welt wie derzeit. Die Menschen waren noch nie so gut vernetzt und im Austausch miteinander wie jetzt.
Die Digitalisierung ist die Energie für die weltweite Netzwerkbildung. Die Netze, die entstehen, sind selbstorganisiert und flexibel. Menschen schließen sich zusammen, tauschen Erfahrungen und Wissen aus, entwickeln neue Produkte und Dienstleistungen in einem nie da gewesenen Tempo. Und wir können sicher sein, dass das Tempo weiter steigt, da auch die Erdbevölkerung weiter wächst.
In der Netzwerk-Ökonomie herrschen andere Prinzipien als in der Industriegesellschaft.
Wo früher Kontrolle herrschte, baue ich jetzt Vertrauensverhältnisse auf. Wo Effizienz an erster Stelle stand, kommt jetzt das Ausprobieren durch Prototypen hinzu. Der Sinn der Arbeit wird für die vielen Wissensarbeiter wichtiger, als das reine Geld verdienen. Unternehmen werden zu Sinn-Maximieren statt Gewinn-Maximierern. Den Regeln der Gemeinwohlökonomie schließen sich immer mehr Unternehmen an (Vgl. Sparda Bank München) Genossenschaften erleben eine Renaissance. Ko-Kreation mit den Kunden und mit Experten aus unterschiedlichen Disziplinen und Kulturen wird immer entscheidender. Und das Zauberwort für den wirtschaftlichen Erfolg heißt heute Kooperation.
Die zwei Grundhaltungen, die ein Unternehmen haben kann resultieren nach meiner Ansicht aus einer alten Denke (Angst und Mangel) und aus einer neuen Denke (Vertrauen und Fülle). Wobei man nicht wirklich von alt oder neu sprechen kann, denn ich denke es hat schon immer beide Haltungen gegeben, nur war mal die eine oder andere bestimmender. Oder was meinen Sie?
Nette Grüße
Tanja Föhr
PS. Unternehmen, die zeigen das Vertrauen und Fülle als Grundhaltung funktioniert, sind neben meinem Unternehmen, Premium Cola mit Uwe Lübbermann, das sehr erfolgreich seit 16 Jahren am Markt tätig ist. Hervorheben möchte ich auch die Upstalsboom Hotelkette und das IT Unternehmen etamax aus Braunschweig, welches ich einem Prozess begleitet habe. Dann gibt es viele, die sich auf den Weg machen und das ist schön zu sehen.
PPS. Freue mich über die Nennung weiterer Unternehmen, die die Haltung Vertrauen und Fülle in ihrer Unternehmenskultur leben 🙂
PPPS. Das Titelbild habe ich am 1.1.2017 in unserem Alpenurlaub in Österreich aufgenommen. Vielen Dank an Hans aus Fallerschein, für das Vertrauen, welches er den Wanderern aus aller Welt entgegen bringt. Vielleicht treffen wir uns ja im Sommer 2017.
Categories: Innovationskultur, Kultur
Danke für die Mühe, die Sie gemacht haben, um das alles zusammenzutragen und aufzuschreiben. Viele Grüße und macht weiter so.
Lg Tren