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Gefahren der Künstlichen Intelligenz – Ideologien, Machtstrukturen und ökologische Risiken

„Was sind die Gefahren? Worauf sollen wir achten?“ Das sind Fragen, die meine Kund:innen in den KI Schulungen beantwortet haben wollen. Denn neben den großen Vorteilen, wenn man mit einer KI arbeitet, gibt es wichtige Aspekte in der KI Entwicklung, die gegen demokratische Grundwerte arbeiten und mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.

Also worum geht es hier? Künstliche Intelligenz ist längst kein Zukunftsthema mehr. Sie ist mitten in unserem Alltag angekommen – in Suchmaschinen, Textprogrammen, Kameras und Kundendiensten. Die Debatte über ihre Risiken wird oft von Schlagzeilen über Superintelligenz oder Maschinenkontrolle dominiert.


Doch die eigentlichen Gefahren sind leiser. Sie liegen in den Denkmustern, Werten und Interessen, mit denen KI entwickelt wird – und in den ökologischen und gesellschaftlichen Folgen, die kaum jemand offen benennt. (In meiner AI Coach Ausbildung beim Steinbeis Institut 2025 wurde in keiner Lehrveranstaltung darauf eingegangen)

Ich habe gelesen, recherchiert und auch über manus.ai recherchieren lassen: Welche Ideologien treiben die KI-Elite im Silicon Valley an? Was passiert gerade in den USA? Warum braucht Europa einen eigenen Weg? Und was bedeutet das für uns – ökologisch, politisch, menschlich?

Ein aktuelles Beispiel zeigt, wie eng Technologie, Macht und Ideologie inzwischen miteinander verwoben sind: Nach der Rückkehr von Donald Trump ins Amt 2025 übernahm Elon Musk die Leitung des neu geschaffenen „Department of Government Efficiency (DOGE)“. Offiziell sollte die Behörde den Staat effizienter machen – faktisch erhielt Musk damit Zugriff auf zentrale Regierungsdaten und Haushaltsstrukturen.

Künstliche Intelligenz spielte dabei eine zentrale Rolle: Sie wurde eingesetzt, um Datenströme aus Behörden auszuwerten, Personalentscheidungen zu automatisieren und staatliche Ausgaben in Echtzeit zu überwachen. KI-Systeme entschieden, welche Programme „ineffizient“ waren, welche Stellen gestrichen und welche Prozesse priorisiert werden sollten. Die Regierung präsentierte das als Fortschritt – tatsächlich übernahmen algorithmische Systeme politische Steuerungsaufgaben, ohne demokratische Kontrolle oder Transparenz über ihre Kriterien.

Unter dem Schlagwort Effizienz wurden ganze Abteilungen verkleinert, Datenflüsse zentralisiert und Kontrollmechanismen geschwächt. Dieses Beispiel zeigt, wie schnell technologische Akteure ihre Ideale – von Rationalismus bis Extropianismus – in politische Praxis übersetzen können.

Hinzu kommt das geopolitische Wettrennen um KI zwischen den USA und China. Beide Länder betrachten künstliche Intelligenz nicht nur als wirtschaftliche Chance, sondern als strategisches Machtinstrument. Während China offen auf Überwachung, Sozialkontrolle und staatliche Steuerung setzt, verfolgen die USA zunehmend eine verdeckte Form der Überwachung – legitimiert durch nationale Sicherheit und wirtschaftliche Interessen. Große Plattformen und Regierungsbehörden kooperieren beim Einsatz von KI, um Kommunikation, Zahlungsströme und Bewegungsdaten in Echtzeit zu analysieren. Der Unterschied: In den USA geschieht das oft unter dem Deckmantel der Privatwirtschaft, was die demokratische Kontrolle noch schwieriger macht.

Diese neue Form der algorithmischen Überwachung – eine Mischung aus Sicherheitslogik, Wirtschaftsmacht und technologischem Sendungsbewusstsein – droht, Freiheitsrechte zu unterwandern. Sie zeigt, dass KI längst Teil einer globalen Infrastruktur der Kontrolle geworden ist.Europa ist das ein Warnsignal: Wenn KI nicht als Werkzeug, sondern als Entscheidungsinstanz genutzt wird, verschiebt sich Macht still und tiefgreifend. Europa braucht darum Regulierung, Transparenz und eine klare Wertebasis, damit Technologie dem Menschen dient – und nicht umgekehrt.

Die Gefahren sind also real. Jetzt schauen wir uns das Thema mal tiefer an:


1. Was ist eigentlich die ideologischen Grundlagen der KI-Elite?

Die Entwicklung von KI-Systemen wie ChatGPT, Gemini oder Claude ist nicht nur eine technische, sondern eine weltanschauliche Frage. Hinter den großen Modellen stehen Menschen mit viel Kapital und mit klaren Überzeugungen, wie Zukunft aussehen soll.

Viele von ihnen – etwa Peter Thiel, Nick Bostrom, Sam Altman, Elon Musk oder Ray Kurzweil – berufen sich auf Ideologien, die unter dem Kürzel TESCREAL zusammengefasst werden: Transhumanism, Extropianism, Singularitarianism, Cosmism, Rationalism, Effective Altruism und Longtermism. (Vgl. Rainer Mühhoff: Künstliche Intelligenz und der neue Faschismus, Reclam 2025)

Sie teilen die Vorstellung, dass Technik den Menschen auf die nächste Stufe der Evolution heben kann – und vielleicht sogar soll.

Transhumanismus und Extropianismus – die Überwindung des Menschlichen

Der Transhumanismus träumt von einer Welt, in der Krankheit, Alter und Tod keine Rolle mehr spielen. Technologie soll den Körper verbessern, das Denken erweitern und das Leben verlängern.
Der Extropianismus geht noch weiter: Er sieht in Technologie einen Weg, die Begrenzungen der Menschheit zu sprengen – bis hinaus ins All.

Diese Denkweise prägt weite Teile des Silicon Valley. Sie klingt nach Science-Fiction, aber sie ist längst Teil strategischer Unternehmensziele. ( Beispiel: Besiedlung des Mars, Elon Musk)

Effektiver Altruismus und Longtermism – Ethik mit Nebenwirkungen

Der Effektive Altruismus will Gutes tun – aber effizient. Hört sich im ersten Moment gut an, aber nicht alles ist mit Daten und Effizienz messbar. Nur was messbar ist hilft, wird gefördert, der Rest fällt durchs Raster. Der Longtermism, eine Weiterentwicklung dieser Idee, stellt die Zukunft über die Gegenwart: Milliarden potenzieller zukünftiger Leben (neue digitale Menschen) zählen mehr als heutige Bedürfnisse.

Kritiker, wie Prof. Russell Stuart warnen, dass dadurch ethische Entscheidungen verschoben werden: Wenn das Glück zukünftiger Generationen mehr wiegt als heutige Gerechtigkeit, kann das schnell antidemokratisch werden.

Antidemokratische Denkmuster

Diese Ideologien teilen ein stilles, aber gefährliches Grundmuster: Die Vorstellung, dass eine kleine Gruppe von Technolog:innen und Investor:innen besser weiß, was für die Menschheit gut ist.
Das widerspricht dem demokratischen Gedanken von Teilhabe. Wenn Technologie von wenigen kontrolliert wird, wird sie nicht automatisch zum Fortschritt für alle.

Die Treiber

Um die Ziele zu erreichen, braucht die Tech- Elite mehr Kapital (Profit) und Macht.

Stuart Russell – ein Gegenpol

Einer der wichtigsten Gegenstimmen ist der KI-Forscher Stuart Russell. Er warnt vor der Idee, dass Technik sich selbst reguliert.
Russell fordert eine wertorientierte KI, die auf menschliche Präferenzen reagiert und sich an demokratischen Prinzipien orientiert. KI, so sagt er, müsse lernen, dass sie nicht weiß, was Menschen wirklich wollen – und sich genau deshalb unterordnen.


2. Was ist Europas Antwort? Ein eigener Weg für die KI

Europa versucht, auf diesen ideologischen Druck zu reagieren – mit einer eigenen Haltung. Die EU spricht von vertrauenswürdiger KI, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Die europäische Linie: Vertrauen statt Tempo

Mit dem EU AI Act, der 2025 in Kraft tritt, verfolgt Europa einen regulierten Ansatz. KI wird nach Risiken klassifiziert, Hochrisiko-Anwendungen werden streng geprüft oder verboten. Ziel ist, Innovation zu fördern, aber Missbrauch zu verhindern.

Deutschlands Rolle

Deutschland bewegt sich zwischen Innovationsdrang und Vorsicht.
Der Deutsche Ethikrat mahnt, dass KI die menschliche Entfaltung nicht mindern darf. Vorsitzende Alena Buyx fordert, ethische Fragen nicht an Technikunternehmen auszulagern.

Organisationen wie AlgorithmWatch oder Forscherinnen wie Judith Simon bringen weitere Stimmen ein: Sie sehen Regulierung als demokratische Pflicht, nicht als Bremse. Denn KI reguliert Macht – und Macht braucht Regeln.


3. Was sind die ökologischen Kosten? Eine unbequeme Wahrheit

KI klingt digital und sauber, doch sie ist ein Energiefresser.

Energie- und Wasserverbrauch

Das Training großer Sprachmodelle verschlingt gewaltige Mengen Strom. Forschungen der TU München schätzen, dass die KI-Branche bis 2028 rund 300 Terawattstunden Strom pro Jahr verbrauchen könnte – so viel wie ganz Schweden.

Auch Wasser ist ein Thema: Rechenzentren müssen gekühlt werden.
Für 20 bis 50 Anfragen an ChatGPT werden laut einer Studie rund 0,5 Liter Wasser benötigt. Zum Vergleich: 20 Google-Suchen verbrauchen etwa 10 Milliliter.

Rohstoffe und Abhängigkeiten

Hinzu kommen seltene Rohstoffe – Kobalt, Lithium, Neodym –, die für Chips und Batterien gebraucht werden. Ihr Abbau verursacht Umweltzerstörung und soziale Konflikte, besonders im globalen Süden.

Greenpeace warnt: Wenn Rechenzentren wachsen, während Strom weiter aus fossilen Quellen kommt, gefährdet das die Energiewende.
Auch das Umweltbundesamt mahnt: Verlagerte Emissionen ins Ausland sind keine Lösung.


4. Gesellschaftliche Risiken – zwischen Technologie und Verantwortung

KI verändert Machtstrukturen. Sie kann Entscheidungen beschleunigen – oder verzerren.

Technologische Risiken

KI-Systeme übernehmen Vorurteile aus Daten. Das führt zu Bias in Bewerbungsverfahren, Kreditsystemen oder Justizentscheidungen.
Hinzu kommt: Viele Modelle sind Black Boxes – selbst Entwickler:innen wissen oft nicht, warum sie zu bestimmten Ergebnissen kommen.

Politische Risiken

KI ermöglicht Überwachung, automatisierte Manipulation und Desinformation. Deepfakes gefährden das Vertrauen in Bilder, Videos und Nachrichten.
Der Arbeitsmarkt wird sich verschieben – Routineaufgaben verschwinden, neue Jobs entstehen. Doch wer fällt dazwischen?

Und: Die ständige Interaktion mit künstlichen Gesprächspartnern verändert Kommunikation. Nähe wird simuliert – aber nicht gefühlt.


5. Fazit – Wie viel Kontrolle braucht der Fortschritt?

KI ist weder gut noch böse. Sie ist das, was Menschen aus ihr machen.
Doch wenn Technologie von wenigen Konzernen und Ideologien geprägt wird, entstehen Abhängigkeiten, die demokratische Kontrolle untergraben.

Europa hat die Chance, ein anderes Modell zu leben: transparent, menschlich, reguliert. Der EU AI Act ist ein Anfang – aber Gesetze allein reichen nicht. Es braucht eine Kultur der Verantwortung: in Unternehmen, Forschung, Politik und Gesellschaft.

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